Geschichtlicher Hintergrund

Wie überall in Europa war der wichtigste Grund für die Ausrottung des Wolfes der Konflikt mit der Nutztierhaltung. Im 16. Jahrhundert war der Wolf noch in der ganzen Schweiz beheimatet. Mit dem Schwinden der Wälder und der natürlichen Beutetiere und der Zunahme der Nutztiere im Laufe des 16. Jahrhunderts verschärfte sich der Konflikt mit den Wölfen. Bereits im 17. Jahrhundert wurde er im Mittelland ausgerottet und in die Alpen verdrängt. Zu dieser Zeit waren aber die meisten Kantone in den Schweizer Alpen eine Zone mit ausgeprägter Viehzucht. Die Nutzung der Alpen erreichte im 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt. In dieser Zeit waren viele Bergwälder durch Waldweide und rücksichtslose Ausbeutung der Holzvorräte zerstört. Damit war auch der Lebensraum der Wildtiere gefährdet. Die ungeregelte Jagd trug auch noch zum Verschwinden der natürlichen Beutetiere des Wolfes bei. Mitte des 19. Jahrhunderts waren Steinbock und Hirsch in der Schweiz beinahe ausgerottet und das Reh sehr selten geworden. Das Fehlen der natürlichen Beutetiere zwang die Wölfe, sich von Haustieren zu ernähren, was ihre Verfolgung förderte und erleichterte. Die Bauern waren häufig arm und besassen nur wenige Nutztiere. Wetter und Missernten machten aus ihrem Leben oft einen Kampf ums Überleben. Unter solchen Umständen konnte der Verlust einer Kuh, einer Ziege oder eines Schafes eine wahre Katastrophe für den Besitzer sein. In vielen Regionen hatte jedermann das Recht, oft sogar die Pflicht, Wölfe zu erlegen. Abschussprämien und Schussgelder, die in dieser Zeit für viele ein halbes Vermögen bedeuteten, erhöhten die Attraktivität der Wolfsjagd. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts verschwand der Wolf schliesslich aus seinen letzten Rückzugsgebieten. 1870 aus dem Wallis, 1872 aus dem Tessin, 1874 aus Solothurn und im äussersten Norden des Jura wurden noch bis 1890 Wölfe beobachtet.
Obwohl als Population ausgerottet, tauchten im 20. Jahrhundert immer wieder vereinzelte Wölfe auf. Erlegt wurden deren vier: 1947 bei Eischoll/VS, 1954 bei Poschiavo/GR, 1978 bei Lenz/GR sowie 1990 bei Hägendorf/SO. Durch historische DNA-Analysen von seltenen Museumsproben (Häute und Knochen) der vier Wölfe, wurde nun nachgewiesen, dass die beiden Wölfe von 1947 und 1954 tatsächlich noch aus der ursprünglichen Alpenpopulation stammen. Die beiden 1978 und 1990 erlegten Wölfe stammen aus der osteuropäischen- sowie einer asiatischen Population und waren vermutlich nicht natürlich eingewandert. Beim Hägendorfer Wolf war es zudem offensichtlich, dass er zuvor in einem Gehege gelebt hatte, da seine Zähne für ein wildes Tier viel zu stark abgestumpft waren. Wie diese Wölfe in die Freiheit kamen, konnte nie geklärt werden. Am wahrscheinlichsten sind Ausbrüche aus (illegalen) Gehegen oder beabsichtigte Freilassungen.

(Studie zu diesem Thema: “Last but not beast: the fall of the Alpine wolves told by historical DNA”, März 2019, Mammal Research Institute, Polish Academy of Sciences
Autoren: Christophe Dufresnes, Christian Miquel, Pierre Taberlet und Luca Fumagalli
erhältlich bei:  Springer Nature)

 

was aus der Sicht des Wolfes geschah...

 

 

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