CHWOLF fordert „besten Schutz vor dem Wolf“

mit anderen Worten:  Besseren und gesamtschweizerischen Herdenschutz


Medienmitteilung des Verein CHWOLF vom 06. April 2021

 

Die Politik, der Bund und die Kantone müssen Herdenschutz ernsthaft, substanziell und nachhaltig fördern

Im vergangenen September hat das Stimmvolk an der Urne das neue Jagdgesetz und somit die Lockerung des Wolfsschutzes abgelehnt. Und trotzdem wird in der Politik bereits wieder über den erleichterten Wolfsabschuss debattiert. Der Schutz der Wölfe soll nun auf Verordnungsstufe gelockert werden. Künftig sollen die Kantone bereits ab 10 gerissenen Nutztieren (Schafe/Ziegen) Wolfsbestände regulieren und Einzelwölfe abschiessen dürfen, sofern die Nutztiere mit zumutbaren Herdenschutz- massnahmen geschützt waren. Bisher liegt diese Schwelle bei 15 Rissen. In Gebieten mit erstmaliger Wolfspräsenz soll die Schwelle neu bei 15 anstatt wie bisher bei 25 Nutztierrissen in einem Monat oder 25 anstatt 35 in vier Monaten liegen. Bei erstmaliger Wolfspräsenz dürfen alle gerissenen Tiere für eine Abschussverfügung angerechnet werden, auch wenn diese nicht geschützt waren.

Ein Abschuss ist nie eine nachhaltige Lösung und signalisiert den Nutztierhaltern, dass das „Problem Wolf“ einfach mit dem Gewehr gelöst werden kann. Es darf nicht sein, dass eine streng geschützte Tierart wieder einfacher abgeschossen werden darf, nur weil die Politik sich nicht dazu durchringen kann den Schutz der Nutztiere in der gesamten Schweiz zu fordern und substanziell und nachhaltig zu fördern.

Viel mehr braucht es nun dringend genügend gut ausgebildete Herdenschutzhunde verschiedener Rassen und kompetente und vollamtliche kantonale Herdenschutzbeauftragte.

Denn..

Ein Abschuss darf nur als letztes Mittel angewendet werden, wenn ein Wolf die lückenlosen Herdenschutzmassnahmen gezielt und wiederholt überwindet und dadurch Schaden in gut geschützten Herden anrichtet. Die Umsetzung von wirkungsvollen Herdenschutzmassnahmen ist für einen Nutztier-halter jedoch immer eine grosse Herausforderung und eine zeitliche wie auch finanzielle Belastung.  Die Nutztierhalter dürfen mit diesen Herausforderungen nicht alleine gelassen werden. Politik, Bund und Kantone müssen nun endlich den so wichtigen und dringend benötigten Herdeschutz auf allen Ebenen gezielt fördern und besser unterstützen!

Neben der finanziellen und fachlichen Unterstützung braucht es auch genügend einsatzfähige Herdenschutzhunde (HSH), die Förderung von HSH-Zuchten und die Zulassung von weiteren HSH-Rassen. Der Einsatz und die Zusammenarbeit von verschiedenen Rassen mit ihren eigenen Charakteren verbessern den Schutz zusätzlich. Die Zulassung für den Einsatz der Schutzhunde muss gesamtschweizerisch harmonisiert werden. Es darf keine kantonalen oder regionalen Hürden, Einschränkungen oder gar Verbote geben. Die Kantone brauchen gut ausgebildete und erfahrene Herdenschutz-Verantwortliche mit einem genügend grossen Arbeitspensum zur Erfüllung ihrer wichtigen Aufgaben zu Gunsten der Nutztierhalter. Dies umfasst nämlich nicht nur Beratung und Unterstützung, sondern auch Abklärungen und Massnahmen- und Umsetzungsplanungen sowie das effiziente Management des ganzen Bereichs der Herdenschutzhunde, inkl. Planung und Einsatz der Hunde, Vorausplanung des Bedarfs und Unterstützung bei Problemen.

 

Die ganze Schweiz soll ausnahmslos als Wolfsgebiet eingestuft werden

Der Umgang mit dem Wolf wird in der eidgenössischen Jagdverordnung (JSV) und im Konzept Wolf Schweiz geregelt. Der Anhang 3 des Konzept Wolf Schweiz setzt Art. 9bis Abs. 3 der JSV um, welcher festhält, dass gerissene Nutztiere für eine Abschussverfügung unberücksichtigt bleiben, die in einem Gebiet getötet werden, in dem trotz früherer Wolfspräsenz keine zumutbaren Schutzmassnahmen ergriffen worden sind. Das BAFU legt fest, welche Gebiete als Gebiete mit früherer Wolfspräsenz gelten. Dafür wendet das BAFU gewisse Kriterien an, welche bei der heutigen Wolfsituation nicht mehr vertretbar und sinnvoll sind. Wir fordern deshalb, dass diese Kriterien im Anhang 3 anzupassen sind und die gesamte Schweiz ausnahmslos als Wolfsgebiet einzustufen ist.

Denn..

In der Schweiz leben zurzeit neun bestätigte reproduzierende Wolfsfamilien und diverse Einzelwölfe. Aktuell sind dies geschätzte 100 – 120 Wölfe. Mit der Abwanderung der Jungtiere muss in der gesamten Schweiz jederzeit mit dem Durchwandern, dem Verbleib und der Ansiedlung von Wölfen gerechnet werden und somit sollte die gesamte Schweiz als Wolfsgebiet gelten. Es gibt heute keinen Grund mehr, Nutztierhaltern und der Bevölkerung vorzugeben, dass es „Wolfsfreie“ Gebiete gebe und dort keine Schutzmassahmen zu ergreifen seien.

Der Fall der Wölfin F78 zeigt wie paradox die heutige Situation ist und wieso unsere Forderung gerechtfertigt ist.
Damit das BAFU heute ein Gebiet als Wolfsgebiet einstuft, muss es in einer Gemeinde mindestens zwei Wolfsnachweise innert 4 Monaten gegeben haben, oder die Gemeinde muss in einem früheren Abschussperimeter liegen. Diese Regelung führte nun dazu, dass die Wölfin F78, Ende Februar im Kanton Bern „legal“ abgeschossen wurde, obwohl im Gebiet des Abschussperimeters bereits seit 2006 regelmässig Wölfe nachgewiesen wurden und ein grosser Teil des Gebietes bereits als Wolfsgebiet eingestuft war. In einzelnen Gemeinden wo F78 Schafe gerissen hatte, gab es jedoch noch keine oder nur einen früheren Nachweis und somit durften diese gerissenen Tiere zum Abschuss-kontingent dazugezählt werden, auch wenn die Schafe nicht geschützt waren. Hätte F78 die Schafe z.T. nur 20 Meter nebenan in der Nachbarsgemeinde gerissen, welche bereits als Wolfsgebiet eingestuft war, hätten sie nicht zum Abschusskontingent gezählt werden dürfen. Dies ist völlig paradox und mit gesundem Menschenverstand nicht nach-vollziehbar. Wölfe halten sich nicht an Gemeindegrenzen, sondern bewegen sich gross-flächig. Damit sich ein solcher Fall nicht wiederholen kann, müssen die Kriterien, welche aktuell für die Ausscheidung von Wolfspräsenzgebieten angewendet werden, dringend angepasst werden.

Dazu kommt, dass wenn aktives Wolfs-Monitoring betrieben würde, es sehr viel mehr Wolfsnachweise gäbe und dadurch sehr viel mehr Gebiete als Wolfsgebiete eingestuft werden müssten.

 

Herdenschutz muss in der ganzen Schweiz umgesetzt werden

Die Nutztierhalter haben eine Verantwortung ihren Tieren gegenüber. Dazu gehört auch, sie vor Gefahren und Übergriffen durch Grossraubtiere zu schützen. Deshalb fordern wir Herdenschutz für die gesamte Schweiz.

Denn..

Für ein möglichst konfliktfreies Zusammenleben mit dem Wolf braucht es einen nachhaltigen Schutz unserer Nutztiere. Dies zwingt die Wildtiere sich nur ihrer natürlichen Nahrungsquellen zu bedienen. Das ist aber nur mit wirkungsvollen und flächendeckenden Herdenschutzmassnahmen zu erreichen. Wichtig dabei ist, dass die Nutztierhalter vorbereitet und dem Wolf einen Schritt voraus sind und nicht erst über Herdenschutz nachdenken, wenn es erste Schäden gegeben hat. Dass Herden-schutz funktioniert und grosse Wirkung zeigt, beweisen die, welche z.T. bereits seit vielen Jahren ihre Herden sehr erfolgreich mit konsequent umgesetzten Herdenschutzmassnahmen schützen.

 

Mehr Akzeptanz bei der Bevölkerung und dem Tourismus

Die dringend benötigten Herdenschutzmassnahmen mit dem Einsatz von Schutzhunden müssen auch bei der Bevölkerung, den Touristen und speziell auch bei den Tourismus-Verantwortlichen auf mehr Akzeptanz und Rücksichtsname zählen.

Denn..

viele Nutztierhalter setzen keineHerdenschutzhunde ein, da sie Konflikte mit Wanderern, Bikern oder auch den Nachbarn befürchten. Wollen wir jedoch die Natur mit seinen zurückkehrenden Grossraubtieren, dann müssen wir sie gesamthaft und inklusive den nötigen Schutzmassnahmen akzeptieren. Das heisst, auf den Heimbetrieben braucht es mehr Toleranz der Nachbarn und im Sömmerungsgebiet mehr Respekt und Rücksichtsname der Wanderer und Biker und die strikte Einhaltung der Verhaltensregeln gegenüber den Herdenschutzhunden. Speziell sind auch die lokalen Tourismusorganisationen gefordert, ihre Gäste über das Verhalten der Schutzhunde aufzuklären, die Herdenschutzbemühungen aktiv zu unterstützen und damit z.B. auch kurzzeitige Umleitungen oder Sperrungen der Wanderwege zu tolerieren.

 

 

Medienmitteilung vom 06.04.2021 als pdf

Karte zur Medienmitteilung vom 06.04.2021 als pdf

 

Weitere Informationen und Auskünfte:

Christina Steiner, Präsidentin Verein CHWOLF

c.steiner@chwolf.org,  www.chwolf.org

 

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