Pressemitteilung vom 23. Dezember 2014

Stellungnahme des Vereins CHWOLF zur geplanten Revision der eidgenössischen Jagdverordnung und der Neuregelung des Umgangs mit Grossraubtieren

CHWOLF ist über den Entscheid des Bundesamtes für Umwelt zur Lockerung des Wolfschutzes sehr enttäuscht. Wieder werden kommerzielle und menschliche Interessen über die Sorge und Erhaltung unserer Natur und Umwelt gestellt. Der Umgang mit dem Wolf wird in Patchwork-Manier in Ver­ordnungen und Gesetze festgeschrieben, ohne dass ein aktuelles, umfassendes und weitsichtiges Konzept für den Umgang mit allen unseren Grossraubtieren zu Grunde liegt.

Der Entscheid des BAFU ist voreilig und bringt unserer Ansicht nach keine langfristige Lösung. Die künstliche Regulierung eines noch so kleinen Wolfbestandes, insbesondere der Abschuss von Rudelwölfen ist der falsche Weg, um mit unserer Umwelt umzugehen. Bei erst einer Wolfsfamilie ist dieser Entscheid völlig verfrüht. In ein stabiles und funktionierendes Rudel ein­zu­greifen macht keinen Sinn und hat zumeist sogar unerwünschte Folgen.

Wird in einem Familienverband ein falsches Tier erschossen, was vielfach erst nach dem Abschuss durch die anschliessende DNA-Analyse festgestellt werden kann (Jungwölfe können im Herbst von der Grösse her nicht mehr von den Elterntieren unterschieden werden), kann dies sehr unerwünschte Folgen haben und genau das Gegenteil von dem bewirken, was man erreichen wollte. Wird z.B. eines der Elterntiere entfernt, kann ein gut funktionierendes Rudel auseinanderfallen. Die noch unerfahrenen Jungwölfe sind dann plötzlich alleine unterwegs und mehr denn je auf einfache Beute angewiesen. Mehr Schäden an ungeschützten Nutztierherden können die Folge sein. Oder einzelne Jungwölfe tauchen häufig in Siedlungen auf, wo sie sich von Abfall und Haustieren ernähren und so zu Problemwölfen werden.

Auch wird die Reproduktion durch die Überlebensrate der Jungtiere beeinflusst. Durch das Entfernen von Jungwölfen aus einem Rudel kann bei guter Nahrungssituation die Reproduktion möglicherweise noch erhöht werden.

Zu diesem Thema erschien kürzlich der Artikel „Wölfe töten rächt sich“ von Cornelia Dick-Pfaff bei Wissenschaft aktuell, Deutschland. Der Artikel bezieht sich auf die wissenschaftlichen Studien „Effects of wolf mortality on livestock depredations“ von Robert B. Wielgus und Kaylie A. Peebles, USA, publiziert am 3. Dezember 2014 auf der Plattform PLoS ONE.

Der Artikel und die Studie zeigen auf, wie heikel und unvorhersehbar ein menschlicher Eingriff in die natürliche Wolfpopulation sein kann.

Auch wenn Wölfe vor allem in den Wintermonaten hin und wieder in Siedlungsnähe gesehen werden, oder auch mal ein einzelner Wolf Nachts durch eine Siedlung streift, bedeutet dies nicht, dass sie die natürliche Scheu vor den Menschen verloren haben und sie dadurch zu Problemwölfen geworden sind. Wölfe folgen innerhalb ihres Reviers den Beutetieren. Da Hirsche und Rehe sich in den Winter­monaten, wenn in höheren Lagen viel Schnee liegt, in den tiefergelegenen Wäldern aufhalten, kommen auch die Wölfe vermehrt bis in die Talsohle und damit näher an bewohnte Gebiete. Es ist daher ganz normal, dass Wölfe sich im Winter häufiger in den Talgebieten aufhalten und dort ab und zu auch gesehen werden. Für den Menschen stellt dies keine Gefahr dar!

Jungwölfe wiederum sind sehr neugierig, erkunden ihr Revier manchmal mit jugendlichem Leichtsinn. So kann es sein, dass sich der eine oder andere auch mal in Zivilisationsnähe begibt und dort von einem Menschen erschreckt wird. Das ist ein natürlicher Lernprozess. Sie sind deshalb noch lange nicht scheulos oder an Menschen gewöhnt und stellen auch überhaupt keine Bedrohung dar.
Wichtig ist jedoch, dass wir die Wildtiere nicht auf unnatürliche Nahrungsquellen, wie offenen Abfall oder Haustiernahrung, in den Dörfern konditionieren.

Bis sich eine Wolfspopulation auf eine stabile, natürliche Grösse entwickelt und eingependelt hat, braucht es mindestens 15-20 Jahre. Von einer stabilen Wolfspopulation sind wir in der Schweiz noch weit entfernt, die Entwicklung hat eben erst begonnen. Um tatsächlich zu sehen, wie sich die Population entwickelt und wo sie sich stabilisiert, muss der Mensch der Natur die notwendige Zeit ohne regulatorische Eingriffe gewähren.

Gute und ehrliche Aufklärungsarbeit und die Förderung des Herdenschutzes wären deshalb viel wichtiger als ein künstliches Eingreifen in ein gut funktionierendes Rudel.

Ein erfolgreiches Zusammenleben von Mensch und Wolf ist nur mit Respekt, Verständnis und Toleranz gegenüber der Natur möglich und bedarf vor allem unseren Willen dazu!

 

  Pressemitteilung vom 23.12.2014 als pdf


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