Pressemitteilung vom 30. November 2015

Protestschreiben gegen den Antrag der Kantone GR und SG für eine Abschussbewilligung von Wölfen

CHWOLF kritisiert den Antrag zur Abschussbewilligung von zwei Calandawölfen aufs schärfste. Der Antrag ist unserer Ansicht nach sehr schwach begründet. Die Kriterien, die für eine Rudelregulierung erforderlich sind, sind beim Calandarudel keineswegs erfüllt! Die möglichen Mittel zur Verscheuchung der Wölfe wurden nicht ausgeschöpft. Um eine Regulierung zu rechtfertigen, muss eine erhebliche Gefährdung von Menschen vor­liegen. Laut Mitteilung der Kantone GR und SG sind bisher jedoch noch nie gefährdende Situationen für Menschen aufgetreten!

Obwohl Wölfe von Natur aus Scheu und vorsichtig sind und die Nähe von Menschen in der Regel meiden, nutzen sie gerne die von Menschen erstellten Infrastrukturen wie Wege, Strassen und Brücken und gelangen damit auch in die Nähe von abgelegenen Gebäuden, Ställen und Siedlungen. So kann es immer wieder zu zu­fäl­ligen Begegnungen kommen. Insbesondere Jungwölfe sind vielfach verspielt und noch neugieriger als ihre erwachsenen und erfahrenen Artgenossen und lassen sich eher einmal in der Nähe von Häusern sehen. Dies ist normales Verhalten und gehört zum Lern- und Erfahrungsprozess der jungen Tiere. Interesse und Neugier vor allem von Jungwölfen hat nichts mit verlorengegangener Scheu zu tun. Das wäre eine fatale Missinter­pre­tation.

Für die Beurteilung von Wolfsverhalten, und ganz speziell von Verhaltensauffälligkeiten wie z.B. fehlende Scheu oder übermässige Gewöhnung, bedarf es eines fundierten Fachwissens und einer grossen Erfahrung mit diesen Tieren.

Bei der Situation des Calandarudels wäre eine sachliche Beurteilung durch wirklich erfahrene Fachleute und Spezialisten wünschenswert und notwendig, bevor einfach zum letzten Mittel gegriffen wird. Wolfsspezialisten können dabei auch behilflich sein, wirksame Vergrämungs- und Verscheuchungsmassnahmen um zu setzen.

Aus Erfahrungen von vielen Wolfsterritorien weltweit weiss man, wenn Wölfe wiederholt und häufig in Siedlungen oder bei Höfen erscheinen, müssen sie von dort wiederholt aktiv vertrieben werden. Das einmalige oder sporadische Vergrämen mit Gummischrott genügt nicht und wird keine nachhaltige Wirkung zeigen. Auch das „Entfernen“ eines besonders neugierigen Wolfes wird das Verhalten der restlichen Tiere im Rudel nicht gezielt und spezifisch beeinflussen, so wie das von den kantonalen Behörden gewünscht und geglaubt wird.

Daher sollten Wölfe, die immer wieder in Siedlungen auftauchen, bei jeder Gelegenheit und zu jeder Tages- und Nachtzeit von den Bewohnern selbst direkt und aktiv verscheucht und vertrieben werden, damit die Wölfe Siedlungen mit Menschen und mit Unangenehm und Unkalkulierbar verknüpfen. Nur wenn die Wölfe diese schlechte Erfahrung immer und immer wieder machen und merken, dass es in der Nähe von Menschen ungemütlich ist, werden sie diese Orte mehrheitlich meiden und diese Erfahrung auch an die anderen Rudelmitglieder und ihre Jungen weitergeben.

Ein Abschuss eines individuellen Wolfes macht nur dann wirklich Sinn und ist notwendig, wenn dieser gegen­über dem Menschen tatsächlich direkt aggressives Verhalten zeigt und damit gefährlich wird. Präventiv zwei Wölfe abzuschiessen wenn überhaupt keine Gefährdung vorliegt ist nicht gerechtfertigt und total der falsche Weg. Ein Abschuss sollte die letzte Möglichkeit bei Gefährdung sein, wenn alle Massnahmen vorgängig voll ausgeschöpft wurden und keine Wirkung zeigten.

Wertvolle Informationen zum Verhalten von Wölfen finden Sie im beiliegenden Faktenblatt.

 

  Pressemitteilung vom 30.11.2015 als pdf


Um diese Website und das gesamte WWW besser und sicherer zu erleben,
wechseln Sie auf einen aktuellen Browser.