Sozialstruktur und Verhalten im Rudel

Wölfe haben ein hochentwickeltes Sozialverhalten und leben in einem Familienverband, in dem es eine klare Sozialstruktur gibt. Die Hauptaufgabe des Rudels ist die Sicherstellung des Überlebens ihrer Art durch eine erfolgreiche Welpenaufzucht, was aber nur möglich ist, wenn genügend Nahrung vorhanden ist. Normalerweise besteht ein Rudel in freier Wildbahn aus den Eltern und deren Nachkommen (Welpen und Jungtiere der letzten 1-2 Jahre). Die Jungwölfe bleiben meist bis zum Erreichen der Geschlechtsreife (mit 10 – 22 Monaten, meist aber erst mit knapp 2 Jahren) im Rudel und helfen bei der Aufzucht der Welpen mit.  Wenn sie geschlechtsreif sind verlassen viele Jungwölfe ihre Familie. Dies ist meist mit 1-2 Jahren der Fall, selten bleiben sie bis 3 Jahre. Die abwandernden Jungwölfe legen zum Teil sehr weite Strecken zurück um einen Partner/in zu suchen und in einem neuen Territorium eine eigene Familie zu gründen.


Die Rudelgrösse ist hauptsächlich abhängig vom Nahrungsangebot, das im Territorium zur Verfügung steht. Ein grosses Nahrungsangebot, oder auch grosse Beutetiere (z.B. Bisons oder Elche) begünstigen ein grosses Rudel und da es für alle Rudelmitglieder genügend Nahrung gibt, treten sie auch weniger in Konkurrenz. Es können dann bis zu 20 Tiere in einem Rudel leben (z.B. USA / Kanada). In Europa bestehen die meisten Rudel aber durchschnittlich aus nicht mehr als 8-10 Tieren Durch jährlichen Nachwuchs und Abwanderung, bleibt die Anzahl der Tiere eines Rudels über die Jahre hinweg mehr oder weniger konstant.

Innerhalb des Rudels gibt es sehr viele Interaktionen, es gibt richtige Begrüssungszeremonielle, wobei die rangniedrigeren Welpen und Jungwölfe ihre ranghöheren Eltern stürmisch begrüssen und ihre Schnauzen lecken.  Die Welpen lernen von ihren älteren Geschwistern und ihren Eltern und werden auch von diesen zurechtgewiesen. Die Leittiere zeigen ihren hohen sozialen Status durch örtliche Positionen, Körperhaltung, Mimik und kleine Gesten. Beim Liegen bevorzugen sie vielfach auch eine grössere Individualdistanz (Bereich um einen Wolf, in dem er situationsbedingt keinen anderen duldet). Der Leitrüde muss nicht der grösste und stärkste Wolf im Rudel sein, sondern er zeichnet sich durch seine Erfahrung, Ruhe und einer gewissen Überlegenheit aus. Wölfe vermeiden Aggressionen und Kämpfe nach Möglichkeit. Sie lösen Konflikte innerhalb des Rudels vor allem mit Körpersprache, wobei der rangniedrigere Wolf Beschwichtigungsgesten, aktive Unterwerfung (geduckte Körperhaltung, Ohren zurückgelegt, Lecken, Pföteln, wedeln mit gesenkter Rute…) oder passive Unterwerfung (legt sich mit eingezogener Rute auf den Rücken , Ohren zurückgelegt, Blickkontakt wird vermieden…) zeigt.

Wölfe in Gefangenschaft
Bei Wölfen in Gefangenschaft müssen häufig nicht verwandte Tiere auf engem Raum zusammen leben und auskommen und können nicht wie in freier Wildbahn abwandern, wenn sie geschlechtsreif werden, was zu einer anderen Sozialstruktur führt als in freier Wildbahn, wo eine Wolfsfamilie aus den Elterntieren und ihren Nachkommen besteht.  Bei Gehegewölfen gibt es eine getrennte männliche und weibliche Rangordnung. Zuoberst sind die Leittiere des Rudels (früher Alpha-Tiere genannt), anschliessend kommt der „Beta“-Rüde, dann die subdominanten erwachsenen Tiere, gefolgt von den Jungtieren (Juvenilen), den Jährlingen und den Welpen. Zu erwähnen ist noch der sozial niedrigste Wolf, das Omega-Tier. Diese Rolle wird bei freilebenden Wolfsfamilien nicht beobachtet, da diese Tiere jederzeit abwandern können.

Siehe dazu auch:  Artikel von L. David Mech, 2008
>>> «Was ist eigentlich mit dem Begriff Alpha-Wolf passiert?»

 

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