Pressemitteilung vom 13. März 2015

Stellungnahme des Vereins CHWOLF zur Revision der eidgenössischen Jagdverordnung (JSV)

Am 13. März reicht der Verein CHWOLF seine Stellungnahme zur Anhörungsvorlage der Revision der Eidgenössischen Jagdverordnung an das Bundesamt für Umwelt ein.

Allgemeine Bemerkung zur Anhörungsvorlage

CHWOLF kann der vorliegenden Revision der Jagdverordnung wenig positive Aspekte abgewinnen. Es macht den Eindruck, als dass nach dem Scheitern der Anpassung und Aktualisierung des Wolf-Konzeptes die Wolf-Problematik auf massiven einseitigen politischen Druck hin in Hau-Ruck Manier in die Jagdverordnung gepresst werden soll. Ein fundiertes und fachgerechtes Konzept für ein lang­fristiges Wolf- oder Raubtiermanagement fehlt jedoch gänzlich.

CHWOLF bemängelt im speziellen:

  • Die zusätzlichen Regulationsmöglichkeiten sind fachlich nicht begründbar.
  • Zusammenhänge zwischen Verhalten, deren Wahrnehmung, Nutztierschäden und Gefährdung, die zur Begründung von Massnahmen dienen, sind ungenügend oder nicht erläutert, was unweigerlich zu falschen Interpretationen und Auslegungen führt.
  • Diverse Begriffe werden in stark vereinfachter und generalisierter Art verwendet, was zu einer undifferenzierten Beurteilung der Situationen führt (zB. regelmässig, wenig scheu).
  • Es gibt als Grundlage nach wie vor kein aktuelles, fundiertes und langfristiges Managementkonzept für Grossraubtiere, in dem auch die positiven Aspekte der Raubtierpräsenz gewichtet werden und in dem neben dem Abschuss auch andere Schutz- und Einflussmassnahmen, ein Monitoring sowie Verhaltensregeln definiert sind.

Die durch diese Verordnung möglichen Massnahmen können die Populationsentwicklung dieser geschützten Tierart in der Schweiz ernsthaft und nachhaltig gefährden. Auch wird damit der wichtige und notwendige populationsübergreifende genetische Austausch zwischen West-Ost und Nord-Süd behindert.
Die Ausprägung der vorliegenden Regulationsbestimmungen lässt darauf schliessen, dass eine flächendeckende Populationsentwicklung so lange wie möglich verhindert oder zumindest gebremst werden soll.

Die Ausgestaltung von regulativen Eingriffen in den Wolfsbestand gehört nicht in die Jagdverordnung. Wir fordern daher in erster Priorität die Erstellung eines fundierten, gesamtheitlichen und langfristigen Managementkonzeptes für Grossraubtiere.

Wir lehnen die vorliegende Revision grundsätzlich und ganzheitlich ab. Die Kommentare und Ände­rungs­vorschläge unterstehen alle unserer grundsätzlichen Haltung.

 

Kommentar

CHWOLF ist über das Vorgehen des UVEK zur Lockerung des Wolfschutzes sehr enttäuscht. Wieder werden kommerzielle und menschliche Interessen auf Grund von einseitigem politischem Druck über die Sorge und Erhaltung von Natur und Umwelt gestellt. Der Umgang mit dem Wolf wird in Patchwork-Manier festgeschrieben, ohne dass ein aktuelles, umfassendes und weitsichtiges Managementkonzept für den Umgang mit unseren Gross­raubtieren zu Grunde liegt.                                                                                                                                          

Das Vorgehen des UVEK ist voreilig und bringt unserer Ansicht nach keine sinnvolle und langfristige Lösung. Die künstliche Regulierung eines noch kleinen Wolfbestandes, insbesondere der Abschuss von Rudelwölfen ist der falsche Weg. Bei erst einer Wolfsfamilie ist dieses Vorgehen völlig verfrüht. In ein stabiles und funktionierendes Rudel ein­zu­greifen macht keinen Sinn und hat zumeist sogar un­erwünschte Folgen.

Wird in einem Familienverband ein falsches Tier erschossen, was vielfach erst nach dem Abschuss durch die anschliessende DNA-Analyse festgestellt werden kann (Jungwölfe können im Herbst von der Grösse her nicht mehr von den Elterntieren unterschieden werden), kann dies sehr unerwünschte Folgen haben und genau das Gegenteil von dem bewirken, was man erreichen wollte. Wird z.B. eines der Elterntiere entfernt, kann ein gut funktionierendes Rudel auseinanderfallen. Die noch unerfahrenen Jungwölfe sind dann plötzlich alleine unterwegs und mehr denn je auf einfache Beute angewiesen. Mehr Schäden an ungeschützten Nutztierherden können die Folge sein. Oder einzelne Jungwölfe tauchen häufig in Siedlungen auf, wo sie sich von Abfall und Haustieren ernähren und so zu Problemwölfen werden. Auch wird die Reproduktion durch die Überlebensrate der Jungtiere beeinflusst. Durch das Entfernen von Jungwölfen aus einem Rudel kann bei guter Nahrungssituation die Reproduktion möglicherweise noch angeregt werden.

Zu diesem Thema gibt es wissenschaftliche Studien wie z.B. „Effects of wolf mortality on livestock depredations“ von Robert B. Wielgus und Kaylie A. Peebles, USA, publiziert am 3. Dezember 2014 auf der Plattform PLoS ONE.

Die Studien zeigen auf, wie heikel und unvorhersehbar ein menschlicher Eingriff in die natürliche Wolfpopulation sein kann.

Auch wenn Wölfe vor allem in den Wintermonaten hin und wieder in Siedlungsnähe gesehen werden, oder auch mal ein einzelner Wolf Nachts durch eine Siedlung streift, bedeutet dies nicht, dass sie ihr natürliches Misstrauen gegenüber Menschen verloren haben und sie dadurch zu Problemwölfen geworden sind. Bei solchen Beobachtungen muss zur Verhaltensbeurteilung immer der Gesamt­kontext bedacht werden. Wölfe folgen innerhalb ihres Reviers den Beutetieren. Da Hirsche und Rehe sich in den Winter­monaten, wenn in höheren Lagen viel Schnee liegt, in den tiefergelegenen Wäldern aufhalten, kommen auch die Wölfe vermehrt bis in die Talsohle und damit näher an bewohnte Gebiete. Es ist daher ganz normal, dass Wölfe sich im Winter häufiger in den Talgebieten aufhalten und dort ab und zu auch gesehen werden. Für den Menschen stellt dies keine Gefahr dar! Jungwölfe wiederum sind sehr neugierig, erkunden ihr Revier manchmal mit jugendlichem Leichtsinn. So kann es sein, dass sich der eine oder andere auch mal in Zivilisationsnähe begibt und dort von einem Menschen erschreckt wird. Das ist ein natürlicher Lernprozess. Sie sind deshalb noch lange nicht scheulos oder an Menschen gewöhnt und stellen auch überhaupt keine Bedrohung dar. Wichtig ist jedoch, dass Menschen die Wildtiere nicht auf unnatürliche Nahrungsquellen, wie offenen Abfall oder Haustiernahrung, in und um Dörfer konditionieren.

Bis sich eine Wolfspopulation auf eine stabile, natürliche Grösse entwickelt und eingependelt hat, braucht es mindestens 15-20 Jahre. Von einer stabilen Wolfspopulation sind wir in der Schweiz noch weit entfernt, die Entwicklung hat eben erst begonnen. Um tatsächlich zu sehen, wie sich die Population entwickelt und wo sie sich stabilisiert, muss der Mensch der Natur die notwendige Zeit ohne regulatorische Eingriffe gewähren.

Gute und ehrliche Aufklärungsarbeit und die Förderung des Herdenschutzes wären deshalb viel wichtiger als ein künstliches Eingreifen in ein gut funktionierendes Rudel.

Ein erfolgreiches Zusammenleben von Mensch und Wolf ist nur mit Respekt, Verständnis und Toleranz gegenüber der Natur möglich und bedarf vor allem unseren Willen dazu!

 

  Pressemitteilung vom 13.03.2015 als pdf


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